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Frostfreies Florida

Frostsicher − Am Mittwoch, 1. März 2006 verabschieden wir uns von Gastgeberin Neely und von Chris und Jodi, welche heute ebenfalls abreisen und nach Cortez zurückkehren. Wir fahren ein letztes Mal durch die schönen, mit Bäumen gesäumten Strassen rund um Neely’s Haus und nehmen Kurs auf Frostproof, Florida. Hier hausen während der kalten Jahreszeit Bonnie und Jim, die wir in Tok, Alaska kennengelernt haben. Über E-Mail blieben wir in Kontakt und nun haben sie uns in ihr Winterdomizil eingeladen. Zuerst glaubten wir an einen, aufs milde Klima in Florida bezogenen, Scherz, als wir ihre Adresse mit Frostproof (Frostsicher) erhielten. Aber den Ort gibt es tatsächlich. Ihn zu finden ist nicht ganz einfach. Wir verpassen eine Abzweigung und müssen darum einen kleinen Umweg in Kauf nehmen.

Seit ihrer Pensionierung reisen Jim und Bonnie während den Sommermonaten im geräumigen Motorhome durch die USA und Canada. Sobald der Winter kommt, kehren sie nach Florida zurück, wo sie an der Wärme überwintern. Sie haben für ihr Haus auf Rädern einen Stellplatz im Lily Lake Golf Resort gemietet. Hier geniessen sie das ruhige Leben direkt am Golfplatz. Die beiden freuen sich riesig über unseren Besuch. Wir haben uns gegenseitig viel zu erzählen, sind doch seit unserem ersten Treffen mehr als sechs Monate vergangen und viele Kilometer dazugekommen. In gemütlicher Runde sitzen wir hinter dem «Haus» zusammen, plaudern und achten dabei darauf, nicht von einem Golfball getroffen zu werden.

Später führen uns die beiden zu einem kleinen Schuppen am Strassenrand. Das weisse Häuschen beherbergt zu unserer Überraschung ein Restaurant. Don’s Hot Pig BBQ ist, wie der Name schon verrät, nichts für Vegetarier. Hier wird verschiedenes Fleisch an einer leckeren BBQ Sauce serviert. Zum Dessert kaufen wir uns hausgemachte Orangenglace. Rund um Frostproof hat es viele Orangenbäume, was man mitunter in der Luft riechen kann. Auf dem Rückweg chauffiert uns Jim durch die Anlage vom Lily Lake Golf Resort, damit wir einen Eindruck kriegen, wie ein typisches Rentnerparadies aussehen kann. Die Bewohner können entweder ein hübsches, weisses Bungalow oder einen Stellplatz für das eigene Motorhome mieten. Alles ist sauber, ordentlich und ruhig. Die Nachbarn fahren im «Golfchäreli» vorbei und winken. Die Szene könnte direkt aus einem Werbefilm für Altersresidenzen stammen. Für eine Weile ganz nett, auf Dauer wohl eher etwas langweilig. Aber wir sind ja auch noch jung (zumindest ein Teil von uns ;-).

 

Dust you are and to dust you shall return (Genesis 3:19) − Am Abend fahren wir zu einer Messe in der Luthern Church. Die Fahrt dauert ca. eine halbe Stunde und führt durch Orangenland. Links und rechts der Strasse reihen sich Orangenbaumplantagen aneinander. Bevor die Messe beginnt, wird in einem Nebengebäude Suppe verteilt. Man kommt mit den Tischnachbarn ins Gespräch und schon bald macht es die Runde, dass zwei Ausländer hier sind. Der Pfarrer höchstpersönlich begrüsst uns mit Handschlag und kann es später in der Messe nicht lassen, uns vor der versammelten Gemeinde zu erwähnen.

Die Messe verfolgen wir nicht besonders aufmerksam. Wie bei uns besteht sie hauptsächlich aus viel «Blabla». Ein Thema ist die momentan laufende Fastenzeit. Am Ende werden alle Gottesdienstbesucher nach vorne gebeten, wo sie vom Pfarrer die Hostie empfangen und ein Aschekreuz auf die Stirn gemalt bekommen. Die Asche symbolisiert die Vergänglichkeit des Lebens. Das Kreuz soll die Gläubigen am nächsten Morgen, wenn sie in den Spiegel schauen, an die Leiden Christi erinnern. Wir nehmen nicht teil an dieser Zeremonie und verlassen die Kirche ohne Kreuz auf der Stirn. Jim und Bonnie haben Verständnis dafür. Zu Hause im Camper plaudern wir noch lange über Gott und die Welt.

Nach einem reichhaltigen «Zmorge» im Restaurant mit frisch gepresstem Orangensaft verabschieden wir uns von Jim und Bonnie und fahren Richtung Norden. Dabei passieren wir noch einmal die Orangenbaumplantagen. Wir halten an, um uns die die Bäume etwas genauer anzuschauen. Der Orangenbaum hat eine volle, runde Krone. Die glänzenden, dunkelgrünen Blätter sind oval und vorne zugespitzt. Interessant ist, dass an manchen Bäumen gleichzeitig Blüten und reife Früchte hängen. Wir pflücken eine Orange und schälen sie. Leider ist die Frucht noch nicht fertig gereift.

Unsere Fahrt Richtung Norden geht weiter. Auf der Schnellstrasse fahren wir quer durch Orlando und biegen schliesslich Richtung Atlantik ab. Wir wollen zum Cape Canaveral, von wo aus die Nasa ihre Raketen ins Weltall schickt. Morgen wollen wir dort das Kennedy Space Center besuchen. Wir schlagen unser Nachlager bei einem nahegelgenen WalMart auf. Auf dem abendlichen Rundgang durch den Laden entdecken wir knallbuntes Plastikgeschirr, welches in Zukunft unsere Küche aufpeppen soll. Für heute gibt es allerdings Fondue aus der schwarzen Campingpfanne.